Aktuelle Urteile
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Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg hat mit Urteil vom 25. Februar 2016 entschieden (1 U 99/15), dass gegebenenfalls von einer Schadenteilung auszugehen ist, wenn es auf einem Tankstellengelände zu einer Kollision zwischen einem anfahrenden Fahrzeug und einem Fußgänger kommt. Auf einem Tankstellengelände gelten im Übrigen die Regeln der Straßenverkehrsordnung.
Ein Mann und späterer Kläger war auf einem Tankstellengelände zur Kasse unterwegs, als er mit seinem linken Fuß unter den anfahrenden Pkw des Beklagten geriet. Bei der Kollision wurde der Kläger so schwer verletzt, dass mit einer dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigung zu rechnen war.
Der Kläger hielt ausschließlich den Beklagten für den Unfallverursacher, welcher seinerseits ins Feld führte, dass der Vorfall für ihn nicht zu verhindern gewesen sei, da der Kläger aus Unachtsamkeit seitlich gegen sein Fahrzeug gelaufen sei.
Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Landgericht schloss sich dem nach Anhörung eines Gutachters an und wies die Klage als unbegründet zurück, da der Unfall ausschließlich auf die Unaufmerksamkeit des Klägers zurückzuführen sei. Wenn der Kläger den Fahrzeugverkehr zwischen den „Inseln“ der Tankstelle beachtet hätte, hätte sich der Unfall nicht ereignet.
Das Naumburger OLG als Berufungsinstanz gab der Klage teilweise statt.
Nach richterlicher Feststellung sind auf dem Gelände einer Tankstelle die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu beachten. Deswegen war der Kläger auf seinem Weg zur Kasse nicht nur zur ständigen Vorsicht angehalten und hätte auch die sich aus § 25 StVO ergebenden besonderen Pflichten als Fußgänger beachten müssen, wonach er dazu verpflichtet gewesen wäre, beim Überqueren der Fahrbahnen zwischen den Tankstelleninseln auf den Fahrzeugverkehr zu achten.
Für die Richter war auch der Beklagten für den Unfall mitverantwortlich. Wer ein Tankstellengelände befahre, müsse mit außerhalb ihrer Fahrzeuge hantierenden Kunden rechnen und erfordere eine außergewöhnliche Vorsicht, Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme.
Nach der Aussage eines Unfallzeugen hatten sich die Parteien des Rechtsstreits nahezu zeitgleich in Bewegung gesetzt. Daher gingen die Richter von einem hälftigen Verschulden des Klägers aus. Zu den grundlegendsten Anforderungen an das Verhalten im Straßenverkehr gehört es, dass sich ein Fußgänger vor dem Überqueren einer Fahrbahn Gewissheit darüber verschafft, dass sich kein Fahrzeug nähert. Darauf durfte der Beklagte vertrauen.
Bei ausreichender Aufmerksamkeit hätte er den Kläger gleichwohl frühzeitig wahrnehmen können. Wegen der Betriebsgefahr des Fahrzeugs des Beklagten hielten die Richter daher eine Haftungsquote von 50 % zu Gunsten des Klägers für gerechtfertigt.
Das Landgericht (LG) Saarbrücken hat mit Urteil vom 21. Juni 2016 (14 S 32/16) entschieden, dass der Versicherer leistungsfrei sein kann, wenn ein Versicherungsnehmer in einem Schadenformular gestellte Fragen zu Vorschäden falsch beantwortet, obwohl er wissen muss, dass es ihm zur Beantwortung an ausreichenden Informationen fehlt.
Ein Mann und späterer Kläger hatte für seinen Pkw bei dem beklagten Versicherer u.a. eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen. Als er am13. November 2014 morgens festgestellt hatte, dass sein geparktes Auto von einem Unbekannten erheblich zerkratzt worden war, meldete er den Schaden seinem Versicherer. Alle in der Schadenanzeige gestellten Fragen nach reparierten und nicht reparierten Vorschäden sowie Schäden, welche das Fahrzeug möglicherweise beim Vorbesitzer erlitten hatte, beantwortete er anschließend mit „nein“.
Das stellte sich später als unrichtig heraus. Denn ein mit der Besichtigung des Fahrzeugs beauftragter Sachverständiger stellte u.a. Lackschäden und Dellen fest, die schon vor dem Vandalismusschaden vorhanden gewesen sein mussten. Zusätzliche Ermittlungen des Versicherers ergaben, dass das Fahrzeug im Jahr 2012 auf der gesamten Seite einen Streifschaden erlitten hatte und in diesem Jahr auch das Heck in Folge eines Verkehrsunfalls erheblich beschädigt worden war.
Auf Vorhalt durch seinen Versicherer verteidigte sich der Kläger damit, dass sich die Vorschäden in einer Zeit ereignet hätten, als sich das Fahrzeug ausschließlich im Besitz seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau befand.
Im Folgejahr habe er von ihr den Pkw übernommen, ohne dass er von seiner Frau über die Schadenfälle informiert wurde. Diese Aussage bestätigte seine Frau.
Der Vandalismusschaden wurde trotz allem nicht reguliert. Der Versicherer berief sich darauf, dass der Kläger die Vorschäden in der Schadenanzeige verschwiegen und damit arglistig und vorsätzlich seine Aufklärungs-Obliegenheiten verletzt habe.
Das LG Saarbrücken wies die Klage des Versicherten gegen seinen Vollkaskoversicherer als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Auffassung ist es unstreitig, dass der Kläger die in der Schadenanzeige gestellten Fragen zu den Vorschäden falsch beantwortet und damit gegen seine vertragliche Verpflichtung verstoßen hat, alles zu tun, was zur Aufklärung des Sachverhalts dienlich sein kann.
Dazu zählt, den Versicherer wahrheitsgemäß und vollständig über solche Umstände zu informieren, die für die Ermittlung der Höhe des Schadens von Bedeutung sind, wie frühere Schäden Diese können den Marktwert eines Fahrzeugs auch dann beeinflussen, wenn sie, wie im entschiedenen Fall, repariert wurden.
Der Kläger muss sich als Versicherungsnehmer ferner das Wissen seiner Ehefrau zurechnen lassen, da diese als Wissensvertreterin im Sinne von § 166 BGB anzusehen sei. Ausreichend ist dafür, dass ein Versicherungsnehmer einer anderen Person, insbesondere einem Familienangehörigen, einen versicherten Personenkraftwagen vollständig zur Benutzung zur Verfügung stelle und sich um das Fahrzeug in der Folgezeit nicht mehr kümmere.
Aufgrund der Eindeutigkeit der in der Schadenanzeige gestellten Fragen hätte der Kläger sie nicht, wie vorliegend, ins Blaue hinein beantworten dürfen, sondern wäre vielmehr dazu verpflichtet gewesen, seine von ihm getrennt lebende Ehefrau wegen möglicher Vorschäden zu befragen.
Dem Kläger ist Arglist vorzuwerfen, da die Annahme arglistigen Verhaltens nahe liegt, wenn der Versicherer über den Wert der versicherten und zu entschädigenden Sache oder über diesen Wert bestimmende Faktoren in erheblichem Maße getäuscht wird. Das ist der Fall, wenn dem Versicherer auf klare und unmissverständliche Fragen hin erhebliche Vorschäden verschwiegen werden.
Schließlich habe es für den Kläger auf der Hand gelegen, dass, was die frühere Besitzzeit des Fahrzeugs anging, nur seine Frau, die sich völlig unabhängig in den letzten Jahren um das Auto gekümmert hatte, Angaben zu dem Personenkraftwagen machen konnte.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Das Landgericht (LG) Düsseldorf hat mit Urteil vom 4. Juli 2016 (9 O 205/15) entschieden, dass es kein Schaden im Sinne der Bedingungen einer Leitungswasserversicherung vorliegt, wenn bestimmungsgemäß genutztes Leitungswasser wegen einer fehlenden bzw. undichten Silikonfuge ungehindert in die Zwischenräume einer darunter befindlichen Decke gelangt. Dies ist jedenfalls bei älteren Vertragsbedingungen gegeben.
Ein Mann und späterer Kläger hatte nach dem Erwerb eines Hauses festgestellt, dass offenkundig schon längere Zeit Wasser aus der Dusche, dem Waschbecken und der Badewanne der oberen Räume ungehindert in die Zwischenräume einer Holzdecke gelangt war und von dort aus nach und nach in die darunter liegenden Räume sickerte. Der Wasserschaden basierte auf undichten bzw. teilweise nicht mehr vorhandenen Silikondichtungen.
Der Gebäudeversicherer des Klägers vertrat die Auffassung, dass die Schäden nicht durch bestimmungswidrig ausgetretenes Leitungswasser verursacht wurden, da es zum Umfang der Leitungswasserversicherung in den dem Vertrag zugrunde liegenden Bedingungen (VGB 86) heiße: „Als Leitungswasser im Sinne dieser Bedingungen gilt Wasser, das aus den Zu- oder Ableitungsrohren, den sonstigen Einrichtungen der Wasserversorgung oder aus den Anlagen der Warmwasser- oder der Dampfheizung bestimmungswidrig ausgetreten ist.“
Jedoch sei das Wasser bestimmungsgemäß bei der Benutzung der Dusche, des Waschbeckens und der Badewanne und damit nicht bestimmungswidrig, ausgetreten. Erst später sei es wegen der maroden bzw. fehlenden Silikondichtungen nicht in die Abflüsse, sondern in die darunter gelegenen Räumlichkeiten gelangt.
Die Richter LG Düsseldorf wiesen die Klage des Versicherten gegen seinen Gebäudeversicherer auf Schadensersatz als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Ansicht wird der Fall mittelbar bestimmungswidrig austretenden gebrauchten Dusch- und Badewassers von den Bestimmungen der dem Vertrag zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen nicht erfasst.
Im Gegensatz zu neueren Bedingungswerken seien Schäden durch bestimmungswidrig aus den mit den Zu- und Ableitungsrohren der Wasserversorgung verbundenen Einrichtungen nicht Vertragsgegenstand. Bei den fehlenden bzw. undichten Fugen handele es sich auch nicht um eine sonstige Einrichtung im Sinne der Versicherungsbedingungen.
Unstreitig ist, dass die Schäden nicht durch mangelhafte Zu- und Ableitungsrohre entstanden waren, da das austretende Leitungswasser vielmehr zunächst bestimmungsgemäß genutzt worden sei. Erst danach sei es wegen der fehlenden bzw. maroden Silikonverfugungen bestimmungswidrig in die Decke der darunter befindlichen Räume gelangt.
Daher hat der Kläger keinen Entschädigungsanspruch gegen seinen Gebäudeversicherer.
Der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg hat mit Urteil vom 22. März 2017 (5 U 174/16) entschieden, dass eine Kaskoversicherung nach einem Unfall normalerweise den eigenen Schaden zahlt.
Das gilt aber nicht, wenn der Besitzer sein Auto von jemandem fahren lässt, der keinen Führerschein hat. Dem Versicherten muss dieses grob fahrlässige Verhalten nachzuweisen sein.
Ein Vater und späterer Kläger lieh seinem Sohn und dessen Freunden sein Auto, welches einer der beiden Freunde des Filius fahren sollte, da der Sohn noch nicht im Besitz eines Führerscheins war.
Zunächst fuhren die Freunde von ihrem Heimatort im Niedersächsischen Landkreis Wesermarsch nach Bremerhaven und anschließend nach Rodenkirchen. Am nächsten Tag kam es früh morgens zu einem Unfall mit dem väterlichen Auto, bei dem die jungen Männer ein am Straßenrand parkendes Auto beschädigte.
Beim Eintreffen der Polizei am Unfallort war der Wagen des Vaters jedoch leer.
Der beklagte Versicherer sah einige Ansatzpunkte, dass entgegen der Absprache mit dem Vater der führerscheinlose Sohn das Fahrzeug fuhr und lehnte daher die Zahlung des Kaskoschadens ab.
Die Versicherungsgesellschaft vertrat die Auffassung, dass der Vater damit hätte rechnen müssen, dass auch sein Sohn der Fahrzeugführer gewesen sei, zumal gegen den Sohn bereits zwei Mal wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ermittelt worden war. Hiergegen reichte der Vater Klage ein.
Das OLG Oldenburg erkannte kein grob fahrlässiges Verhalten des Vaters.
Die Beweisaufnahme ergab, dass zuvor verabredet war, dass der Freund des Sohnes das Auto fahren sollte.
Der Vater musste trotz der beiden Ermittlungsverfahren nicht mit einem eigenmächtigen Handeln des Sohnes rechnen, da sich diese Ermittlungsverfahren auf die Nutzung eines frisierten Mofas bezogen hätten.
Die Nutzung eines Mofas und eines Autos unterscheidet sich erheblich, da die Bedienbarkeit und die Hemmschwelle, ein Auto ohne Führerschein zu fahren, wesentlich höher seien.
Daher muss der Versicherer den entstandenen Kaskoschaden in Höhe von ca. 9.000,- € tragen.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit Urteil vom 4. April 2017 (19 U 17/15) entschieden, dass ein Architekt, der die Aufsicht über Baumaßnahmen übernommen hat, für Schäden haftet, deren Ursache in einem Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften liegen.
Im Juni 2003 kam es bei der Ausführung von Sanierungsmaßnahmen in einem Schulzentrum zu einem Großbrand, bei dem ein Schaden in Millionenhöhe entstand. Das Feuer wurde durch Schweißarbeiten verursacht, welche entgegen der Bestimmungen der einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften durchgeführt worden waren. Die für das Schulzentrum zuständige Gemeinde machte den mit der Bauaufsicht beauftragten Architekten für den Großbrand verantwortlich, da dieser seiner Aufgabe ganz offenkundig nicht ausreichend nachgekommen war.
Der Architekt wies das von sich und behauptete, alles ihm im Rahmen seines Auftrages Zumutbare zur Schadenvermeidung unternommen zu haben. Im Übrigen sei die Ausbreitung des Brandes auch bei Einhaltung der Unfallverhütungsvorschriften höchst wahrschein nicht vermeidbar gewesen.
Das in erster Instanz zuständige Landgericht Heidelberg sowie das von dem Architekten angerufene OLG Karlsruhe schlossen sich dieser Argumentation nicht an und gaben der Zahlungsklage der Gemeinde auf Schadenersatz statt.
Nach richterlicher Auffassung gehört es zu den Aufgaben eines mit der Bauaufsicht beauftragten Architekten, die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften zu überwachen, die u.a. auch der Verhinderung von Bränden dienen würden. Wenn der Architekt seinen Verpflichtungen in ausreichender Form nachgekommen wäre, so hätte sich nach Ansicht beider Instanzen der Großbrand nicht ereignet.
Der Architekt ist einen Beweis für seine Behauptung, dass eine Ausbreitung des Feuers selbst bei Einhaltung der Vorschriften der Berufsgenossenschaft nicht zu verhindern gewesen wäre, schuldig geblieben und wurde daher grundsätzlich zum Ersatz des durch den Brand entstandenen Schadens verpflichtet.
Der Fall wurde wegen der Frage der Höhe des Schadenersatzes vom OLG Karlsruhe an die Vorinstanz zurückverwiesen, welche dazu nun noch die notwendigen Feststellungen zu treffen hat.
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Das Amtsgericht (AG) Wesel hat mit Urteil vom 5. Januar 2017 (5 C 101/15) entschieden, dass sich ein Versicherer nicht auf Leistungsfreiheit bei Mitversicherung von Blitz- und Überspannungsschäden berufen kann, wenn ein solches Schadenereignis mit großer Wahrscheinlichkeit eingetreten ist. Dann ist es vielmehr seine Sache, das Gegenteil zu beweisen.
Eine Frau und spätere Klägerin hatte bei dem beklagten Versicherer einen als „Rund ums Eigentum“ bezeichneten Vertrag abgeschlossen. Dieser beinhaltete u.a. Versicherungsschutz für den Fall von Blitz- und Überspannungsschäden.
Als es Anfang Juni 2014 am Wohnort der Klägerin zu einem heftigen Gewitter gekommen war, behauptete sie, dass dabei die Alarmanlage ihres Anwesens durch eine durch einen Blitz ausgelöste Überspannung beschädigt worden war. Sie machte die Kosten für den notwendigen Austausch der Anlage sowie für die Übernahme eines am Schadentag von ihr beauftragten Notdiensteinsatz gegenüber dem Versicherer geltend. Dieser bestritt jedoch mit Nichtwissen, dass es zu einem versicherten Schaden gekommen war und lehnte die Regulierung des Schadens –im Ergebnis erfolglos – ab.
Das AG Wesel gab der Klage der Versicherten gegen ihren Versicherer nach einer Sachverständigenanhörung statt.
Die Beweisaufnahme ergab, dass es am Schadentag das von der Klägerin behauptete Gewitter gegeben hatte. Dabei war in ein nur 27 Meter vom Haus der Klägerin entferntes Nachbargebäude ein Blitz eingeschlagen, dessen Energie nach gutachterlichen Feststellungen so heftig war, dass er durch eine dadurch ausgelöste Überspannung durchaus den Schaden an der Alarmanlage der Klägerin verursacht haben konnte.
Der Gutachter gab die Wahrscheinlichkeit mit mindestens 99 % an, so dass das Gericht daher keine Veranlassung sah, an der Darstellung der Klägerin zu zweifeln und verurteilte den Versicherer zur Schadenregulierung.
Trotz des Totalschadens der Alarmanlage muss der Versicherer auch die Kosten für den Notdiensteinsatz übernehmen, da der Versicherte bei Verständigung des Notdienstes nicht absehen konnte, dass keine erfolgreiche Reparatur der Alarmanlage möglich war.
Ein Versicherer hat für erfolglose Reparaturversuche dann einzustehen, wenn der Versicherungsnehmer die getroffene Maßnahme zunächst als aussichtsreich ansehen durfte. Im Schadenrecht trägt der Schädiger das Prognoserisiko. Im Versicherungsrecht hat es die Versicherung zu tragen. Es ist auch anerkannt, dass Kosten für die Feststellung der Reparaturwürdigkeit und Kosten für erfolglose Reparaturversuche als Bestandteil der notwendigen Reparaturkosten zu erstatten sind.
Das Landgericht (LG) Saarbrücken hat mit Urteil vom 18. Dezember 2015 (13 S 128/15) entschieden, dass aus einem parkenden Fahrzeug aussteigende Personen damit rechnen müssen, dass eine neben ihrem Auto befindliche, freie Parklücke jederzeit belegt werden kann und somit besondere Vorsicht geboten ist.
Ein Mann und späterer Kläger hatte seinen Pkw in einer Parkbucht eines Parkplatzes abgestellt, auf dem die Straßenverkehrsordnung gilt. Beim Verlassen des Fahrzeugs fuhr in die links neben seinem Auto befindliche, freie Parklücke der Beklagte mit seinem Pkw ein und kollidierte dabei mit der sich in diesem Augenblick öffnende Fahrertür des klägerischen Pkws.
Nach Angaben des Klägers hatte er sich vor dem Öffnen der Tür vergewissert, dass das gefahrlos möglich sei. Deswegen sei der Unfall ausschließlich auf die Unaufmerksamkeit des Beklagten zurückzuführen. Dieser sei in die Parkbucht eingefahren sei, obwohl er wegen des auf dem Fahrersitz befindlichen Klägers damit habe rechnen müssen, dass die Tür geöffnet werden würde.
Das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Amtsgericht St. Wendel ging nach der Beweisaufnahme von einer alleinigen Verantwortung des Klägers aus. Dieser habe den Unfall durch einen Verstoß gegen die beim Öffnen einer Fahrzeugtür gebotene Sorgfalt ausschließlich allein verursacht.
Das LG Saarbrücken als Berufungsinstanz gab der Schadenersatzklage zum Teil statt.
Das Gericht bestätigte die Meinung des Amtsgerichts, dass § 14 Absatz 1 StVO auf Parkplätzen keine unmittelbare Anwendung findet, da diese Vorschrift, die ein Höchstmaß an Sorgfalt von den Ein- und Aussteigenden verlangt, nur den fließenden Verkehr schütze.
§ 1 Absatz 2 StVO findet Anwendung, da das Gebot der allgemeinen Rücksichtnahme auch auf Parkplätzen gelte. Wer aus einem Fahrzeug aus- bzw. in ein Auto einsteigt, habe sich daher zu vergewissern, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist.
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hätte der Kläger den rückwärtigen Verkehr notfalls über den gesamten Vorgang des Türöffnens hinweg beobachten müssen, dann das Fahrzeug des Beklagten rechtzeitig wahrnehmen und den Unfall verhindern können.
Das Gericht warf dem Beklagten vor, sich evtl. falsch verhalten zu haben. Nicht auszuschließen war, dass er den in seinem Fahrzeug sitzenden Kläger hätte wahrnehmen können. Er musste von dem Öffnen der Tür ausgehen.
Alles in allem hielten die Richter Haftungsverteilung von 80 % zu 20 % zu Lasten des Klägers für angemessen, da dessen Pflichtverstoß beim Öffnen der Tür durchaus schwerer als ein nicht bewiesenes Fehlverhalten des Beklagten wiege, welcher daher nur aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs hafte.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Das Amtsgericht (AG) Krefeld hat mit Urteil vom 27. Januar 2016 entschieden (6 C 456/09), dass der Fahrzeughalter keinen Anspruch darauf hat, dass ihm sein Teilkaskoversicherer für das Schadenereignis Versicherungsschutz gewährt, wenn der Motor eines Autos beschädigt wird, weil dessen Fahrer in eine Überschwemmung hineingefahren ist.
Ein Mann und späterer Kläger war mit seinem Pkw Anfang Juli 2009 in Krefeld unterwegs, als er in eine Straße abbog, in welcher sich aufgrund eines vorangegangenen Starkregenereignisses eine Überschwemmung gebildet hatte. Aufgrund des Straßengefälles konnte er die Wassermassen erst so spät erkennen, dass er sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig zum Stillstand bringen konnte und fuhr daher in das aufgestaute Wasser hinein. Infolgedessen erlitt sein Auto einen kapitalen Motorschaden. Die Erstattung der Kosten für dessen Beseitigung in Höhe von über 3.500,- Euro verlangte der Kläger von seinem Teilkaskoversicherer, welcher aber eine Schadenregulierung ablehnte, da bedingungsgemäß nur Schäden versichert seien, die durch eine unmittelbare Einwirkung von Naturereignissen auf ein Kraftfahrzeug verursacht werden.
Das AG Krefeld wies die Klage des Versicherten gegen seinen Fahrzeugversicherer als unbegründet zurück.
Das Gericht bezweifelte nicht, dass im Rahmen einer Teilkaskoversicherung u.a. auch Schäden durch Überschwemmung versichert sind. Allerdings muss der Versicherer für einen durch einen sog. Wasserschlag verursachten Motorschaden nur dann leisten, wenn er unmittelbar durch eine Überschwemmung entstehe. Deswegen müsse ein solches unmittelbares Naturereignis die einzige oder letzte Ursache für den Eintritt eines Schadens sein, welches z.B. dann der Fall sei, wenn ein Fahrzeug von herannahenden Wassermassen überschwemmt werde.
Im vorliegenden Fall könne davon nicht ausgegangen werden, da der Kläger mit seinem Pkw in die bereits vorhandenen Wassermassen hineingefahren war und es somit an dem Merkmal der Unmittelbarkeit des Naturereignisses fehlte.
Nach richterlicher Auffassung kommt es für einen Anspruch gegenüber seinem Teilkaskoversicherer nicht darauf an, dass der Kläger die Überschwemmung wegen der örtlichen Verhältnisse zu spät wahrgenommen hat.
Das Amtsgericht (AG) München hat mit Urteil vom 16. Juni 2016 (233 C 16357/14) entschieden, dass es Sache des Fahrzeughalters ist, zu beweisen, dass der Besitzer des Baums seine Sorgfaltspflichten verletzt hat, wenn ein Fahrzeug durch Äste eines umgestürzten Baums beschädigt wird.
Ein Mann und späterer Beklagte war Besitzer eines Baums, der schon seit einiger Zeit schief stand. Zwei Tage nach einem Sturm fiel der Baum schließlich um und beschädigte durch dessen Äste den in der Nähe parkenden Pkw der Klägerin.
Die Frau warf dem Beklagten die Verletzung seiner Sorgfaltspflichten vor und verklagte ihn auf Zahlung von Schadenersatz. Sie begründete ihren Anspruch damit, dass wenn er dafür gesorgt hätte, dass der Baum ordnungsgemäß beschnitten wurde, es nicht zu dem Schiefstand und dessen Umstürzen gekommen wäre.
Das AG München sah das anders und wies die Klage als unbegründet zurück. Werfe ein Geschädigter dem Besitzer eines Baums eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, so müsse dieser grundsätzlich seine Behauptung beweisen. Denn es gäbe keine Gefährdungshaftung für Baumbesitzer.
Eine Zeugin hatte zwar ausgesagt, dass der Baum im Laufe der Jahre immer schiefer geworden war und die Baumwurzeln die Gehwegplatten angehoben hatten. Ein solcher Schiefstand heißt aber nicht zwangsläufig, dass ein Baum umstürzen wird. Maßgeblich seien vielmehr der Grad der Neigung und die Art des Wachstums.
Die Tatsache, dass durch die Wurzeln des Baums bereits vor dem Schadenereignis Gehwegplatten angehoben wurden, ist ferner kein Indiz für eine Vorschädigung eines Baumes. Ein solches Wurzelwachstum sei auch bei manchen gesunden Bäumen zu beobachten.
Laut Einsatzbericht der Feuerwehr ist der Baum möglicherweise wegen eines durch den Sturm hervorgerufenen Wurzelbruchs umgefallen. Dies sei lediglich eine Hypothese, da der streitgegenständliche Baum bereits entsorgt worden war und daher für keine Begutachtung zur Verfügung stand.
Damit ist die Klägerin den Beweis schuldig geblieben, dass der Beklagte seine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und geht im Ergebnis leer aus.
Die Entscheidung ist mittlerweile rechtskräftig.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 11. März 2016 (20 U 221/15) entschieden, dass der Gebäudeversicherer grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn bei einer im Rahmen einer Gebäudeversicherung mitversicherten Solaranlage ein Schaden entsteht, da sich ein Schlauch gelöst hat.
Ein Mann und späterer Kläger hatte bei dem beklagten Versicherer eine Gebäudeversicherung abgeschlossen. Versichert waren die Gefahren Brand, Blitzschlag, Explosion, Implosion, Leitungswasser, Rohrbruch und Frost sowie Sturm und Hagel. Mitversichert war eine Solarheizungsanlage einschließlich ihrer auf dem Dach des Gebäudes befindlichen Sonnenkollektoren, deren Kollektoren beschädigt wurden, als sich aus unbekannter Ursache ein Anschlussschlauch von einem Kühlmittel führenden Rohrstück löste und dadurch Sauerstoff in das System gelangte.
Der Versicherer lehnte die Leistungsübernahme ab, als der Kläger ihn deswegen in Anspruch nehmen wollte, da der Schaden weder durch einen Rohrbruch noch durch den bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser entstanden sei.
Das zweitinstanzlich mit dem Fall befasste OLG Hamm bestätigte das die Klage des Versicherten abweisendes Urteil der Vorinstanz und wies seine Berufung als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Auffassung wäre auch dann die Annahme eines versicherten Leitungswasserschadens nicht gerechtfertigt, wenn man die aus den Modulen austretende Kühlflüssigkeit mit Leitungswasser gleichsetzen würde, da die Sonnenkollektoren nicht durch die Kühlflüssigkeit, sondern durch den in das System eingedrungenen Sauerstoff beschädigt wurden.
Die OLG-Richter sahen auch den Tatbestand eines Rohrbruchs nicht als erfüllt an, der nämlich stets eine Substanzverletzung im Material der jeweiligen Leitung voraussetzt. Er sei daher nicht schon dann zu bejahen, wenn sich intakte Anschlüsse verschieben oder wie vorliegend ablösen und so einen Flüssigkeitsaustritt bewirken.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 18. August 2016 (VI R 18/13) entschieden, dass es beim versorgungsberechtigten Arbeitnehmer beim Wechsel des Schuldners einer Pensionszusage regelmäßig nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führt, für welchen er Einkommensteuer zu zahlen hat.
Ein Mann und späterer Kläger war Mehrheitsgesellschafter einer GmbH, die ihm eine Pensionszusage erteilt hatte. Er beabsichtigte, seine Geschäftsanteile zu veräußern und gründete vorbereitend auf den Verkauf eine neue GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Da der Erwerber der Anteile der alten GmbH nicht willens war, die erteilte Pensionszusage zu übernehmen, übernahm dies die neue Gesellschaft gegen Zahlung eines Ablösebetrages ein.
Das Finanzamt und das erstinstanzlich mit dem Fall befasste Finanzgericht vertraten die Ansicht, dass dem Kläger mit der Zahlung des Ablösebetrages von der alten an die neue Gesellschaft Arbeitslohn zugeflossen sei und wollten den Kläger zur Versteuerung des Betrags verpflichten.
Der BFH wollte sich dem nicht anschließen und gab der Revision gegen das vorinstanzliche Urteil statt.
Nach richterlicher Ansicht führt die bloße Erteilung einer Pensionszusage noch nicht zum Zufluss von Arbeitslohn. Im Fall des Klägers gilt nichts anderes, wenn im Rahmen der Schuldübernahme eine Ablösesumme gezahlt wurde, da durch diese Zahlung kein Anspruch des Klägers, sondern ein Anspruch der neuen GmbH erfüllt wurde, welche die Verpflichtung aus der Pensionszusage übernommen habe.
Durch die Zahlung des Ablösungsbetrags an den die Pensionsverpflichtung übernehmenden Dritten wird der Anspruch des Arbeitnehmers auf die künftigen Pensionszahlungen wirtschaftlich nicht erfüllt. Daher kommt es nicht zu einem Zufluss von Arbeitslohn.
Der Fall wäre nur dann anders zu beurteilen gewesen, wenn der Kläger ein Wahlrecht gehabt hätte, sich den Ablösebetrag alternativ an sich selbst auszahlen zu lassen.
Der Dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) hat mit Urteil vom 13. Oktober 2016 entschieden (3 AZR 439/15), dass grundsätzlich keine unerlaubte Benachteiligung wegen einer Behinderung vorliegt, wenn eine Versorgungsordnung bei der Inanspruchnahme der Betriebsrente vor Erreichen der üblichen festen Altersgrenze Abschläge vorsieht.
Ein als Schwerbehinderter anerkannter Mann und spätere Kläger bezog seit Vollendung seines 60. Lebensjahrs eine gesetzliche Altersrente für Schwerbehinderte sowie eine Betriebsrente seines ehemaligen Arbeitgebers. Die Versorgungsordnung zur Betriebsrente enthielt anfangs die Regelung, dass diese generell ungekürzt ausgezahlt wird, wenn ein Beschäftigter des Unternehmens eine Vollrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht.
Mit der Änderung dieser Versorgungsordnung wurde das 65. Lebensjahr als feste Altersgrenze festgelegt und gleichzeitig bestimmt, dass für eine vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente ein versicherungsmathematischer Abschlag von 0,4 % pro Monat vorzunehmen sei. Daraufhin kürzte der Ex-Arbeitgeber des Beklagten dessen Betriebsrente entsprechend.
Der betroffene Kläger hielt die Änderung der Versorgungsordnung wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für unrechtmäßig. Im Gegensatz zu den übrigen Beschäftigten des Unternehmens habe er wegen seiner Schwerbehinderung schon ab dem 60. Lebensjahr einen Anspruch auf Zahlung einer ungekürzten Altersrente. Deswegen dürfe ihm die Betriebsrente nicht gekürzt werden.
Die BAG-Richter und die Vorinstanz wiesen die Klage als unbegründet zurück, da eine unmittelbare Benachteiligung des Klägers im Sinne von § 3 Abs. 1 AGG ausscheidet. Die in der Versorgungsordnung vorgesehenen Abschläge stellen nicht auf seine Behinderteneigenschaft ab. Ferner sind auch nicht schwerbehinderte Beschäftigte berechtigt, frühzeitig in Rente zu gehen und hätten dann Abschläge bei der Betriebsrente hinzunehmen. Daher ist auch keine mittelbare Benachteiligung des Klägers gemäß § 3 Abs. 2 AGG gegeben. Wenn allein schwerbehinderte Menschen die gesetzliche und damit die Betriebsrente früher beanspruchen können, werden sie nicht gegenüber anderen Arbeitnehmern benachteiligt, dass es keine anderen Arbeitnehmer geben kann, die zum selben Zeitpunkt eine Betriebsrente beziehen.
Das klageabweisende Urteil der Vorinstanz wurde trotz allem aufgehoben und der Rechtsstreit zurückverwiesen, da das Landesarbeitsgericht die Klärung versäumt hatte, ob für die Änderung der Versorgungsordnung sachliche Gründe vorlagen und durch den beklagten Arbeitgeber die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurden. Diese Feststellungen müssen die Richter nun nachzuholen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 6. Juli 2016 entschieden (X R 6/14), dass es Auswirkungen auf die Höhe der steuerlich abziehbaren Sonderausgaben hat, wenn ein Krankenversicherer einem Versicherten einen Teil der von diesem gezahlten Beiträge erstattet.
Im Jahr 2010 hatte ein Mann und späterer Kläger von seinem privaten Krankenversicherer eine Beitragsrückerstattung für die im Vorjahr für sich und seine Familie gezahlten Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung erhalten. Ohne diese Rückerstattung zu berücksichtigen, machte er die Krankenversicherungsbeiträge in seiner Steuererklärung für das Jahr 2009 als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt monierte das und minderte die Höhe der abziehbaren Ausgaben um die Beitragsrückerstattung.
Das Niedersächsische Finanzgericht gab seiner Klage gegen die Entscheidung des Finanzamts statt, da nach der im Streitjahr geltenden Rechtslage Beiträge zur Krankenversicherung grundsätzlich nur beschränkt abziehbar gewesen und die dem Kläger zugeflossene Beitragsrückerstattung daher nicht zu berücksichtigen sei.
Der BFH gab der von der Finanzbehörde eingelegten Revision gegen das Urteil der Vorinstanz statt.
Zwar stellte das Gericht nicht in Abrede, dass Beiträge zur Basiskranken- und Pflegeversicherung erst durch Verabschiedung des Bürgerentlastungs-Gesetzes ab 2010 in voller Höhe als Sonderausgaben von der Steuer abgezogen werden können. Jedoch ändere das aber nichts daran, dass bei der Geltendmachung von Sonderausgaben in der Steuererklärung Beitragsrückerstattungen grundsätzlich von den bezahlten Krankenversicherungs-Beiträgen abzuziehen seien. Denn an der Verrechnung von erstatteten mit gezahlten Sonderausgaben habe sich durch das Bürgerentlastungs-Gesetz nichts geändert.
Nach richterlicher Auffassung widerspricht die von dem Finanzamt vorgenommene Verrechnung auch nicht der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach ab dem Jahr 2010 die Kranken- und Pflegeversicherungs-Kosten steuerlich zu berücksichtigen sind, wenn sie den verfassungsrechtlich gebotenen Basisschutz gewährleisten. Das gilt jedoch nur für Aufwendungen, die einen Steuerpflichtigen tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belasten. Das Finanzamt hat die dem Kläger gewährte Beitragsrückerstattung folglich auch aus diesem Grund zu Recht von den gezahlten Beiträgen abgezogen.
Eine andere Rechtslage ist bei Geldleistungen gegeben, die ein Versicherter im Rahmen eines Bonusprogramms von seinem Krankenversicherer erhält, welche nicht die Möglichkeit mindern, gezahlte Krankenversicherungs-Beiträge bei den Sonderausgaben in voller Höhe steuermindernd geltend machen zu können. Nach einem BFH-Urteil vom 1. Juni 2016 besteht kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Bonuszahlungen und Versicherungsbeiträgen.
Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg hat mit Urteil vom 22. April 2016 entschieden (13 K 1934/15), dass Finanzämter berechtigt sind, gesetzlichen Krankenversicherern auf deren Antrag hin die zur Beitragsbemessung eines freiwillig Versicherten erforderliche Besteuerungsgrundlage für sich und den Ehepartner mitzuteilen.
Der Ehemann einer privat krankenversicherten Frau und späteren Klägerin war freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse. Als ihn diese vergeblich dazu aufgefordert hatte, Auskünfte über das zur Beitragsbemessung erforderliche Einkommen seiner Frau zu offenbaren, wandte sich der Versicherer an das zuständige Finanzamt mit der Bitte, ihm die Einkünfte der Eheleute mitzuteilen. Das Finanzamt kam der bitte nach.
Nachdem die Klägerin davon erfahren hatte, forderte sie das Amt dazu auf, der Krankenkasse künftig keine Daten mehr zu übermitteln und ihr dieses schriftlich zu bestätigen. Das lehnte das Finanzamt ab, da die Weitergabe von Daten zur Beitragsbemessung im Fall der Klägerin erforderlich und auch gesetzlich zulässig gewesen sei.
Die Richter des angerufenen baden-württembergischen Finanzgerichts wiesen die Klage als unbegründet zurück.
Nach richterlicher Auffassung war das beklagte Finanzamt nicht nur dazu berechtigt, sondern auch gesetzlich dazu verpflichtet, der Krankenkasse sämtliche relevante Daten mitzuteilen, die zur Beitragsfestsetzung erforderlich waren. Dieses umfasst auch die Daten der Klägerin. Denn nach sozialrechtlichen Vorschriften setzen sich die beitragspflichtigen Einnahmen von Mitgliedern, deren Ehegatten keiner gesetzlichen Krankenkasse angehören, aus den eigenen Einnahmen und denen des Ehegatten zusammen.
Gemäß § 240 Absatz 1 Satz 2 SGB V bemisst sich die Beitragsbelastung von freiwilligen Mitgliedern gesetzlicher Krankenkassen nach deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, welche aber werde bei Verheirateten gegebenenfalls aufgrund familienrechtlicher Ansprüche erhöht werde.
Zum Abschluss erfolgte der Hinweis des Gerichts, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2015 keine Mitteilung der Finanzämter zur Beitragsbemessung mehr notwendig sei. Aufgrund einer Gesetzesänderung zum 1. August 2014 seien gesetzliche Krankenkassen dazu berechtigt, für freiwillig Versicherte bei deren Weigerung beitragspflichtige Einnahmen zu belegen, von sich aus den Höchstbeitrag festzusetzen.
Das Landgericht Münster hat mit Urteil vom 16. Dezember 2015 (01 S 56/15) entschieden, dass ein Fahrradfahrer, der ein Tier mit sich führt, sicherzustellen hat, dass dadurch die Beherrschung seines Fahrrades nicht beeinträchtigt wird. Bei einem Unfall trifft ihn andernfalls ein überwiegendes Verschulden.
Ein Mann und späterer Kläger radelte auf seinem Fahrrad und lenkte dabei ausschließlich mit der linken Hand und hielt an der rechten Hand zwei Leinen, an denen er seine beiden ihn begleitenden Schäferhunde führte.
Entgegen kam ihm ein Fußgänger und späterer Beklagter mit seinem unangeleinten Hund. Als dieser die beiden anderen Artgenossen bemerkte, bewegte er sich auf sie zu. Um Schlimmeres zu vermeiden, bremste der Kläger scharf und kam dabei zu Fall. Folge des Sturzes war eine klaffende Risswunde.
Der Radfahrer verklagte den Fußgänger auf Zahlung von Schadenersatz und Schmerzensgeld, da sich der Unfall nur ereignet habe, da der Beklagte seinen Hund entgegen des kommunalen Leinenzwangs unangeleint ausgeführt hatte. Damit obsiegte er nur teilweise.
Das Landgericht Münster als Berufungsinstanz schloss sich den Ausführungen der Vorinstanz an, welche festgestellt hatte, dass der Kläger überwiegend allein für seinen Sturz verantwortlich ist.
Fahrradfahrer sind zwar gemäß § 28 Absatz 1 StVO dazu berechtigt, Hunde mit sich zu führen und es ist ihnen ferner nicht verboten, ein Fahrrad einhändig zu fahren. Allerdings hätte der Kläger gewährleisten müssen, dass er beim Radfahren trotz seiner ihn begleitenden Hunde nicht beeinträchtigt wird. Vorliegend war das nicht der Fall gewesen.
Der Kläger konnte wegen der in der rechten Hand geführten Leinen nicht sofort wieder den Lenker nehmen, um einer Gefahr auszuweichen. Dies wäre bei einer zweiten freien Hand anders gewesen.
Darüber hinaus hätte der Kläger die drohende Gefahr durch den Hund des Beklagten frühzeitig erkennen und darauf reagieren können. Denn schließlich habe er sich dem frei laufenden Tier von hinten genähert.
Hinzu kommt, dass der Kläger selbst dann, wenn der Hund des Beklagten angeleint gewesen wäre, dazu verpflichtet gewesen wäre, sein Tempo zu reduzieren und zur Not von seinem Fahrrad abzusteigen. Bei Begegnungen mit fremden Hunden ist nie auszuschließen, dass diese auf Artgenossen reagieren und dadurch eine potenziell gefährliche Verkehrssituation entsteht.
Das Gericht rechnete dem Beklagten wegen der Gesamtumstände nur ein geringes Mitverschulden von 25% zu, der sich nur den Vorwurf gefallen lassen muss, seinen Hund entgegen des Leinenzwangs nicht angeleint zu haben.
Dagegen muss sich der Kläger das überwiegende Verschulden von 75% anrechnen lassen.
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